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Der Riese schläft noch

Die Liga vor dem Start (VI), heute: MSV Duisburg. Der Aufsteiger gibt sich bislang damit zufrieden, die Nummer drei im Revier zu sein. Bald aber sollen Dortmund und Schalke gejagt werden

AUS DUISBURG HOLGER PAULER

Am Samstag kehrt der MSV Duisburg nach fünf Jahren Abstinenz in die Bundesliga zurück. Gast in der neuen MSV-Arena ist dann ausgerechnet der VfB Stuttgart mit dem anderen Bundesliga-Comebacker Giovanni Trapattoni. „Darauf hat ganz Duisburg seit Jahren gewartet“, sagt Walter Hellmich, Präsident und Mäzen des MSV. Er schiebt gewohnt bescheiden hinterher: „Wir sind der schlafende Riese.“ Was heißen soll: In spätestens drei Jahren will er Arsenal London in der Arena sehen – und zwar nicht im Freundschaftsspiel. Champions League hat Walter Hellmich als mittelfristiges Ziel ausgegeben.

Walter Hellmich gibt sich betont selbstbewusst. Und bislang gibt ihm der Erfolg Recht. Vor zwei Jahren hatte er angekündigt, die Nummer drei im Revier werden zu wollen. Durch den eigenen Aufstieg und den gleichzeitigen Abstieg des VfL Bochum hat es der MSV zumindest für ein Jahr „gepackt“. In ein paar Jahren wollen die Duisburger dann auch Schalke und Borussia Dortmund hinter sich lassen, so Hellmich. Wie die großen Ruhrgebietsnachbarn über derartige Ansprüche denken, ist nicht überliefert.

Nur gut, dass sich zumindest Trainer Norbert Meier angenehm zurückhält: „Die Euphorie ist zwar riesig, doch wir werden das Ziel Klassenerhalt nicht aus den Augen verlieren.“ Meier weiß, wie schwierig es ist, in Duisburg zu arbeiten, dort, wo der Star nicht der Trainer ist, sondern der Präsident. Das brüchige Vertrauen der Fans musste sich Meier erst nach und nach erarbeiten. In der vergangenen Saison forderten die Fans am siebten Spieltag, nach der Niederlage bei LR Ahlen, mal wieder seinen Rücktritt– der MSV lag einen Zähler hinter dem späteren Meister 1. FC Köln zurück.

Doch in der Folge schaffte es das Team, seine Kritiker zu überzeugen. Und zum Ende der Hinrunde der vergangenen Zweitligasaison gelang dem MSV sogar ein 1:0-Sieg über den damaligen Spitzenreiter aus Köln – und das auch noch ausgerechnet zur Eröffnung der mit 32.000 Zuschauern ausverkauften MSV-Arena. Hellmich, Chef der gleichnamigen Baumarktkette, hat das Stadion in Eigenregie hochgezogen, es ist sein Lieblingskind. In knapp eineinhalb Jahren entstand eine Art Mini-Ausgabe der Arena „AufSchalke“. Und plötzlich merkten auch die als überkritisch verschrienen MSV-Fans, wie schön es ist, eine hitzige Heimspielatmosphäre zu erzeugen. Nach dem Sieg über Köln wurde dann übrigens nicht nur Macher Walter Hellmich gefeiert, sondern auch Trainer Norbert Meier. Dass die Arena den Bedürfnissen durchaus angemessen ist, zeigte wiederum die Tatsache, dass 8.000 Kölner Fans nötig waren, um das Stadion vollends zu füllen. Das soll sich ändern. Vor der diesen Freitag beginnenden Saison wurden 12.000 Dauerkarten verkauft. Der Vertrauensvorschuss in die neue MSV-Mannschaft ist größer denn je. Ein solides Fundament soll für den Klassenerhalt sorgen: Carsten Wolters, Tomas Baelum und Alexander Bugera heißen die wenig glamourösen Protagonisten. Zu den wenigen Stars gehören der exentrische Torjäger Abdelaziz Ahanfouf oder – das passt zu MSV – Torhüter Georg Koch. Der Ex-Kölner Dirk Lottner musste hingegen nicht nur sein Kapitänsamt, sondern wahrscheinlich auch seinen Stammplatz abgeben. „Ich werde es dem Trainer verdammt schwer machen“, sagt Lottner. Da könnte durchaus Ärger drohen.

Bei den Neuverpflichtungen beschränkten sich die Meidericher auf Spieler aus der zweiten Reihe: Mike Riepitsch kam von Zweitligaabsteiger Rot-Weiß Oberhausen, Uwe Möhrle von Hansa Rostock. Klemen Lavric traf für Dynamo Dresden, Markus Hausweiler und Marian Biliskov saßen zuletzt auf den Ersatzbänken von Mönchengladbach und Wolfsburg. Immerhin: Kai Michalke war eine der Stützen von Alemannia Aachen. Mit der Alemannia, Hertha BSC Berlin und dem VfL Bochum war er sogar international aktiv. Aber reicht das?

Die jüngere Geschichte lässt Zweifel aufkommen: Seit dem Amtsantritt Walter Hellmichs im Juli 2002 wurden 39 Spieler neu verpflichtet, 48 weggeschickt. Sportlich lief es lange nicht, und auch die Identifikation mit der Söldnertruppe und deren Trainer war gleich null. Wahrscheinlich war es der zu große Realismus, den Norbert Meier während der ersten anderthalb Jahr predigte, der für diese Missstimmung gesorgt hatte: „Ich lasse mich von außen nicht verrückt machen, wir brauchen halt Zeit.“ Die MSV-Fans, die es nach vier Jahren im Zweitligamittelmaß als persönliche Strafe empfanden, zum MSV zu gehen, wollten und konnten Derartiges nicht mehr hören.

Nun hat es ja auch ein Ende. Der von Walter Hellmich am Reißbrett geplante Aufstieg ist Wirklichkeit geworden. Mehr noch: „Wir sind gut drauf, es kann losgehen“, sagt Kai Michalke. Die Vorbereitung lief gut, zuletzt wurde der niederländische Ehrendivisionist AZ Alkmaar mit 3:1 bezwungen. „In der ersten Halbzeit waren wir etwas verschlafen, aber hinterher waren wir aggressiv. So muss es auch gegen den VfB Stuttgart sein“, sagte Norbert Meier nach dem letzten Test. Und wie sehen es die anderen? „Funktioniert die Mischung aus den Stützen der Aufstiegself und den ambitionierten Neuen, ist der MSV nicht chancenlos im Abstiegskampf“, schreibt das Fachblatt Kicker in seinem Sonderheft. Wird wohl stimmen.

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